Reiten im Verband

(Auszüge aus dem Handbuch für Rittführer von Hajo Seifert)

Vorbemerkung

Dieses Skript ist für angehende Rittführer vorgesehen. Es wird ein gutes Grundlagenwissen der Thematik „Reiten im Straßenverkehr“ aus der reiterlichen Grundausbildung vorausgesetzt.

Schwerpunkt dieser Betrachtung sind nicht die allgemeinen Verkehrsregeln und Bestimmungen für Reiter, sondern die Rittführung eines Verbands im Straßenverkehr einschließlich der besonderen Verantwortung des Rittführers.

Zu diesem Thema muss leider festgestellt werden, dass eine Vielzahl von Literatur bzw. Ausbildungsunterlagen aller Verbände am Markt kursiert, in welchen verschiedene Sachverhalte entweder äußerst missverständlich, unvollständig oder sogar falsch dargestellt sind, bzw. diese nicht konform mit der StVO und der Rechtssprechung sind. Zur deren Erläuterung werden daher die „kritischen Punkte“ nachfolgend etwas intensiver betrachtet und dargestellt.

Reiten im Verband

Was ist ein Verband?
Der Rittführer trägt bei der Führung einer Reitergruppe im Straßenverkehr eine besondere Verantwortung. Diese ergibt sich aus dem § 27 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung (StVO).

§ 27 StVO Verbände

(1) Für geschlossene Verbände gelten die für den gesamten Fahrverkehr einheitlich bestehenden Verkehrsregeln und Anordnungen sinngemäß. Mehr als 15 Radfahrer dürfen einen geschlossenen Verband bilden. Dann dürfen sie zu zweit nebeneinander auf der Fahrbahn fahren. .......

(2) Geschlossene Verbände, Leichenzüge und Prozessionen müssen, wenn ihre Länge dies erfordert, in angemessenen Abständen Zwischenräume für den übrigen Verkehr frei lassen; an anderen Stellen darf dieser sie nicht unterbrechen.

(3) Geschlossen ist ein Verband, wenn er für andere Verkehrsteilnehmer als solcher deutlich erkennbar ist. Bei Kraftfahrzeugverbänden muss dazu jedes einzelne Fahrzeug als zum Verband gehörig gekennzeichnet sein.

(4) Die seitliche Begrenzung geschlossen reitender oder zu Fuß marschierender Verbände muß, wenn nötig (§ 17 Abs. 1), mindestens nach vorn durch nicht blendende Leuchten mit weißem Licht, nach hinten durch Leuchten mit rotem Licht oder gelbem Blinklicht kenntlich gemacht werden. Gliedert sich ein solcher Verband in mehrere deutlich voneinander getrennte Abteilungen, dann ist jede auf diese Weise zu sichern. Eigene Beleuchtung brauchen die Verbände nicht, wenn sie sonst ausreichend beleuchtet sind.

(5) Der Führer des Verbands hat dafür zu sorgen, dass die für geschlossene Verbände geltenden Vorschriften befolgt werden.

Aus dem § 27 StVO bleiben viele Fragen für Reiter und Rittführer offen, da reitende Gruppen hier (mit Ausnahme der Beleuchtungsvorschrift) nicht ausdrücklich erwähnt werden. Im Gegensatz zu Radfahrern, welchen erst ab 15 Fahrern die Bildung eines Verbands, und damit die Inanspruchnahme von besonderen Rechten im Straßenverkehr gestattet ist.

In Literatur und/oder Lehrmaterialien zum Reiten im Straßenverkehr tauchen häufiger die Begriffe „Verband“ und „geschlossener Verband“ auf und führen oftmals zu einiger Verwirrung. Der § 27 StVO kennt eine derartige Unterscheidung nicht!

Tatsächlich gibt es auch keinen Unterschied zwischen diesen beiden Bezeichnungen, da ein Verband immer „geschlossen“ sein muss, d. h. die Abteilung ohne größere Zwischenräume zusammen bleiben muss (sonst wäre es straßenverkehrsrechtlich kein Verband!)!

Der Begriff der Geschlossenheit („geschlossener Verband“) ist so zu verstehen, dass die Mitglieder des Verbands sich in einer so engen Formation bewegen, dass es anderen Verkehrsteilnehmern nicht möglich ist, zwischen diesen einzelnen Verbandsteilnehmern gefahrlos einzuscheren. Die üblichen Sicherheitsabstände (1 Pferdelänge Abstand) sind also trotzdem auch beim Reiten im geschlossenen Verband zu befolgen; ungenügende Abstände führen bei einem Schaden/Unfall eventuell zu einem Mitverschulden des zu dicht Aufreitenden [1]

Reiten (fahren) dagegen die einzelnen Teilnehmer in einem Abstand untereinander von z.B. 50 Metern, kann nicht mehr von einem geschlossenen Verband gesprochen werden [2] und die Verbandsrechte gehen dadurch verloren.

Wann ist also von einem Verband im Sinne der StVO zu sprechen? Aufschluss darüber gibt der Abs. 3 des § 27:

Geschlossen ist ein Verband, wenn er für andere Verkehrsteilnehmer als solcher deutlich erkennbar ist.

Hilfreich ist auch die allgemeine übliche Definition des Verbands:

Ein geschlossener Verband ist eine Mehrheit (Gruppe von Reitern oder Gespannen), die sich als einheitlich Ganzes, das von allen anderen Verkehrsteilnehmern als solches zu erkennen ist, unter einheitlicher Führung gleichartig in eine Richtung bewegt.

Es kommt also besonders auf die Wahrnehmung durch andere Verkehrsteilnehmer an, nicht dagegen auf eine bestimmte Länge oder auch nicht das Reiten nebeneinander in Zweierformation!

Für den Reiterverband müssen also folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Eine Mehrheit (Gruppe) von min. 3 Reitern (Verkehrsteilnehmern, mit Ausnahme Radfahrer) [3] [4] [5]
  • mit dem für andere Verkehrsteilnehmer erkennbaren Erscheinungsbild einer Einheit (Darstellung der Zusammengehörigkeit z.B. durch geringe Abstände untereinander)
  • reitet unter einheitlicher Führung
  • gleichartig in eine Richtung

An dieser Stelle wird klar, das schon wenige Reiter, die zusammen reiten, in unserem heutigen Verkehrsbild durch andere Verkehrsteilnehmer als eine zusammengehörende Gruppe angesehen werden, im Gegensatz z.B. zu den Radfahrern, die häufiger im Straßenverkehr anzutreffen sind, ohne dass sie zusammengehören würden!

§ 27 StVO, Abs. 1, Satz 2 besagt, das in einem Verband auch nebeneinander gefahren (geritten) werden darf! Er besagt nicht, dass in einem Verband auch nebeneinander gefahren (geritten) werden muss!

Die Eigenschaft eines Verbands im Straßenverkehr liegt also auch vor, wenn eine Reitergruppe hintereinander reitet, soweit die übrigen Bedingungen erfüllt sind!

Häufig wird die Meinung vertreten (und leider auch gelehrt), dass nur dann von einem Reiterverband zu sprechen ist, wenn in einer Gruppe von min. 6 Pferde nebeneinander geritten wird. Diese Darlegung ist falsch und wird in keiner Weise vom § 27 StVO abgedeckt oder darin gefordert!

Ebenso die Meinung, dass ein Reiterverband nicht länger als 25 Meter sein soll, bzw. darf. Bei größeren Gruppen wäre demnach gegebenenfalls ein zweiter Verband zu bilden, der mindestens im Abstand von 25 Metern reitet, damit überholende Fahrzeuge hier einscheren können. Auch diese Forderung nach einer zulässigen Gesamtlänge von 25 Metern findet sich weder im Gesetz, noch in der dazugehörigen Verwaltungsvorschrift oder in der Rechtssprechung!

Geht man jedoch tatsächlich von einer zulässigen Gesamtlänge eines Verbands von 25 Metern aus, dann ergibt sich hieraus in der Praxis, dass in einem Reiterverband mit mehr als 6 Pferden in Zweierreihe geritten werden müsste, wenn man die Bildung eines zweiten Verbands (mit Abstand von mindestens 25 Metern zwischen den beiden Verbänden) vermeiden möchte! Denn 6 Pferde hintereinander (Kopf an Schweif) à ca. 2,50 Meter (Pferdelänge) würden bereits zu einer Gruppenlänge von 15 Metern führen! Berücksichtigt man dabei noch den erforderlichen Sicherheitsabstand unter den Reitern (5 x 2,50 Meter = 12,50 Meter), so wird deutlich, dass bereits bei 6 Pferden in Kolonne hintereinander die zulässige Länge eines Verbands von 25 Meter überschritten werden würde! Lediglich mit 5 Pferden normaler Größe hintereinander wäre unter Beachtung der Sicherheitsnormen (Abstände) diese größtmögliche Länge eines Verbands von 25 Metern gerade noch einzuhalten.

Aus der Rechtssprechung ergibt sich jedoch, dass Verbände in Straßenverkehr eine Gesamtlänge von weit über 25 Metern haben können [6] ! Über eine Schaffung von Zwischenräumen im Verband ist nach den Umständen des Einzelfalls (z.B. Verkehrsdichte) zu entscheiden (Fußgängerkolonnen ab 50 m und Fahrzeugkolonnen ab 500 m sollten regelmäßig Zwischenräume für andere Verkehrsteilnehmer bilden).

Hier wird klargestellt, dass die Schaffung von Zwischenräumen zum Überholen oder Durchqueren nicht zur Unterbrechung des Verbands (mit der Folge der Bildung eines zweiten Verbands) führt! Man spricht dann auch von einer „Verbandsgliederung“ in Abteilungen (Hinweis auf Abteilungen eines Verbands ergibt sich auch aus § 27, Abs. 4 StVO. Hinsichtlich der Beleuchtungsvorschriften)

Allerdings ist in diesem Zusammenhang (bei größeren Verbänden) dann auch gegebenenfalls der § 29 der StVO zu beachten!

§ 29 StVO Übermäßige Straßenbenutzung

(2) Veranstaltungen, für die Straßen mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden, bedürfen der Erlaubnis. Das ist der Fall, wenn die Benutzung der Straße für den Verkehr wegen der Zahl oder des Verhaltens der Teilnehmer oder der Fahrweise der beteiligten Fahrzeuge eingeschränkt wird; ....... Der Veranstalter hat dafür zu sorgen, dass die Verkehrsvorschriften sowie etwaige Bedingungen und Auflagen befolgt werden.

Werden also andere Verkehrsteilnehmer auf der Straße durch eine „Veranstaltung“ wegen der großen Anzahl und des Verhaltens der Teilnehmer (Länge des Gesamtverbands und geringe Geschwindigkeit einer Reitgruppe) mehr als verkehrsüblich behindert, so ist diese anzumelden und genehmigungspflichtig! Dies betrifft jedoch in erster Linie Großveranstaltungen (z.B. großer, traditioneller Ritt mit 100 Teilnehmern) und sportliche Veranstaltungen.

Die Grenze zur „verkehrsüblichen Inanspruchnahme“ wird durch die Rechtssprechung recht individuell und entsprechend der Verkehrssituation gezogen. Verschiedene Anhaltspunkte deuten jedoch darauf hin, dass bei über 30 Fahrzeugen (Achtung: Reiter werden sonst sinngemäß Fahrzeugen gleichgesetzt!) von einer „übermäßigen Straßenbenutzung“ gem. § 29 StVO ausgegangen werden kann.

Für den Rittführer ergibt sich hieraus, dass ein Verband durchaus eine Länge von über 25 Metern überschreiten kann, ohne dass dieser sofort beim Überschreiten um wenige Meter zwangsläufig in zwei Verbände oder Abteilungen geteilt werden müsste!

Bei größeren Gruppen stellt sich in der Praxis allerdings die Frage nach der Genehmigungspflicht nach § 29 StVO für die normale Rittführung im Rahmen eines Gelände- oder Wanderrittes kaum. Davon ausgehend, das kaum ein verantwortungsbewusster Rittführer alleine mit Gruppen über 15 Teilnehmern unterwegs sein wird, sondern bei größeren Gruppen weitere Rittführer mitreiten, wäre es dann auch ohne weiteres möglich, einen zweiten Verband im Straßenverkehr zu bilden, welcher mit größerem Abstand (mindestens 25 Meter in geschlossenen Ortschaften, auf Landstraßen eher mindestens 50 bis 100 Meter!) der ersten Gruppe folgt, um den Verkehr nicht übermäßig zu beeinträchtigen.

Bei der Angabe einer Lückelänge zwischen mehreren Reitergruppen von 25 Metern ist eine Minimalabstand, der anderen Verkehrsteilnehmern das Überholen und einscheren ermöglichen soll! In der Praxis erweist sich dieser Abstand jedoch in heutiger Zeit, Verkehrsdichte und Geschwindigkeit von Kraftfahrzeugen als viel zu niedrig und birgt verschiedene Gefahren, insbesondere dann, wenn große Fahrzeuge mit höherer Geschwindigkeit (z.B. LKW) überholen und einscheren wollen. Wird in zwei Abteilungen im Straßenverkehr geritten (unabhängig von der Frage, ob es sich hierbei um einen einzelnen Verband mit Lücken, oder um zwei getrennte Verbände handelt), so sollten Rittführer daher auf weit größere Zwischenräume (mindestens 50 – 100 Meter) achten, um die Behinderung des fließenden Verkehrs zu minimieren.

 

Beleuchtung des Verbands

§ 27 Abs. 4 StVO

Die seitliche Begrenzung geschlossen reitender oder zu Fuß marschierender Verbände muß, wenn nötig (§ 17 Abs. 1), mindestens nach vorn durch nicht blendende Leuchten mit weißem Licht, nach hinten durch Leuchten mit rotem Licht oder gelbem Blinklicht kenntlich gemacht werden.

Gliedert sich ein solcher Verband in mehrere deutlich voneinander getrennte Abteilungen, dann ist jede auf diese Weise zu sichern

Es handelt sich hierbei um eine Mindestvorschrift! Tatsächlich geht die Rechtssprechung mehr und mehr dazu über, eine solche Mindestbeleuchtung als nicht ausreichend einzustufen, insbesondere bei größeren Verbänden und/oder höherem Verkehrsaufkommen.

Schon in eigenem Interesse der Unfallverhütung muss ein verantwortungsbewusster Rittführer immer bestrebt sein, mehr für die Sicherheit seiner Gruppe zu tun, als nur den gesetzlichen Mindestvorschriften zu genügen! Hierzu gehört die Ausstattung der Reitergruppe mit Warnwesten (zumindest der Teten- und Schlussreiter), ebenso, wie das Anlegen von Leuchtgamaschen und ähnlichen Hilfsmitteln, die zum Teil weit besser durch andere Verkehrsteilnehmer erkannt werden können und auffälliger sind, als die in der StVO vorgeschriebene Mindestbeleuchtung!

Es ist selbstverständlich, dass beim Reiten im Straßenverkehr in mehreren Verbänden (mit größerem Abstand), bzw. beim Reiten in Abteilungen innerhalb eines einzelnen Verbands (mit Zwischenräumen zum Einscheren beim Überholen) jede geschlossene Reitergruppe einer eigenen Beleuchtung und Absicherung bedarf!

Beachte! Ein Pferd, das quer über die Fahrbahn geführt wird, muss bei Dunkelheit nach beiden Seiten erkennbar beleuchtet sein! [7] Da beim Überqueren der Fahrbahn durch Reiter eine ähnliche Situation entsteht, wie beim Führen (die vorhandene Beleuchtung nach vorne und hinten ist für den übrigen Verkehr nicht erkennbar!), ist es dringend anzuraten bei einer Fahrbahnüberquerung in der Dunkelheit durch Reiter auch diese seitliche Beleuchtungsvorschrift (das benannte Urteil bezieht sich nur auf das Führen von Pferden) zu beachten und entsprechend Vorsorge zu treffen (z.B. Beleuchtung durch weitere Taschenlampen)!

Grundsätzlich ist zu sagen, dass das Reiten im Straßenverkehr bei schlechten Sichtverhältnissen bzw. Dunkelheit immer eine stark erhöhte Gefahr für alle Beteiligten darstellt und die absolute Ausnahme sein sollte. Erst recht außerhalb geschlossener Ortschaften! Ein verantwortungsbewusster Rittführer wird immer versuchen, solche Situationen durch vorausschauende Rittplanung (mit einkalkulierten Verspätungen) und Streckenwahl unbedingt zu vermeiden!

Die beste Beleuchtung im Straßenverkehr ist diejenige, die nur zur Sicherheit in der Satteltasche mitgeführt, aber nicht benötigt wird, weil die Gruppe bei Tageslicht das Ziel erreicht!

 

Rechte und Pflichten im Verband

Der Verband hat besondere Rechte, aber auch Beschränkungen denn er wird behandelt, wie ein einzelner Verkehrsteilnehmer. Daraus ergibt sich:

  • Es darf nebeneinander geritten werden, wenn es die Verkehrssituation erlaubt und es unter Abwägung der Interessen anderer Verkehrsteilnehmer sinnvoll erscheint, insbesondere nicht überwiegend eine Behinderung Dritter darstellen würde
  • Andere Verkehrsteilnehmer dürfen den Verband nicht unterbrechen (Einscheren zum Überholen in dafür vorgesehene Lücken ist kein Unterbrechen im Sinne des Gesetzes!)
  • Alle dem Verband zugehörigen Reiter unterliegen den Weisungen des Rittführers, der straßenverkehrsrechtlich die Stellung eines Fahrzeugführers hat und welcher für den Verband verantwortlich ist
  • Die Länge des Verbands sollte 25 Meter möglichst nicht wesentlich überschreiten, andernfalls sollte ein zweiter Verband oder eine zweite Abteilung gebildet werden, welche zur ersten Gruppe mindestens einen Abstand von 50 Metern in geschlossenen Ortschaften, bzw. 100 Metern außerhalb von Ortschaften halten muss, damit andere Verkehrsteilnehmer beim Überholen gefahrlos hier einscheren können.
  • Kein dem Verband zugehöriger Reiter darf selbständig Richtungsänderungen vornehmen, Überholen, die Gangart ändern, abbiegen etc.
  • Der restliche Verband muss an einer roten Ampel nicht anhalten, wenn die ersten Reiter diese bei grün passiert haben
  • Auch beim Linksabbiegen bleibt der Verband zusammen und darf nicht von anderen Verkehrsteilnehmern unterbrochen werden, bzw. die nachfolgenden verbandszugehörigen Reiter sind nicht wartepflichtig [8] [9]
  • Nicht jeder einzelne Reiter des Verbands muss den Beleuchtungsvorschriften der StVO für Reiter genügen, sondern es reicht aus, wenn der Verband insgesamt, bzw. auch jede Abteilung eines Verbands entsprechend beleuchtet ist (siehe „Beleuchtung des Verbands“)

 

Formation des geschlossenen Verbands

In welcher Formation in einem geschlossenen Verband geritten wird, richtet sich nach den jeweiligen Verhältnissen des Straßenverkehrs und ebenso auch der Gruppengröße unter Beachtung des § 1 StVO.

Es obliegt dem Rittführer sich auf die im Straßenverkehr ständig ändernden Verhältnisse einzustellen und die augenblickliche Formation ständig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Auf Bundes- und Landstraßen, bzw. außerhalb geschlossener Ortschaften wird daher ein geschlossener Verband normaler Größe in der Regel hintereinander reitend zu führen sein. Hier in Zweierformation zu reiten, wäre zwar nach § 29 StVO rechtlich zulässig, würde aber andererseits zu einer übermäßigen Behinderung des schnell fließenden Verkehrs und somit auch zu einer erheblichen Gefährdung aller Beteiligten führen. Dies insbesondere, da hier der übrige Verkehr mit wesentlich höherer Geschwindigkeit fährt, als in geschlossenen Ortschaften und sich der Bremsweg entsprechend vergrößert.

Auch innerhalb geschlossener Ortschaften gibt es Straßen, auf welchen üblicherweise relativ zügig gefahren wird und insbesondere, wenn diese unübersichtlich sind, sollte auf eine Zweierformation möglichst verzichtet werden.

Eine Ausnahme besteht bei zweispurigem Ausbau der Straße (in eine Richtung), da dem übrigen Verkehr zum Überholen die zweite Spur zur Verfügung steht. Hier kann es Sinn machen in Zweierformation zu reiten, um die Gesamtlänge der Gruppe zu reduzieren.

Im langsam fließenden und stärkerem Verkehr innerhalb von Ortschaften ist dagegen oft die Zweierformation zweckmäßiger, als das Reiten hintereinander. Die Gruppe reitet nicht so weit auseinander gezogen und ist dadurch übersichtlicher und kompakter. Auch reduziert sich dadurch die Gefahr, dass Reiter durch überholende bzw. vorbeifahrende Kraftfahrzeuge seitlich bedrängt werden. Insbesondere beim Abbiegen bzw. im Kreuzungsbereich ist die Zweierformation von Vorteil, da diese Verkehrspunkte in dieser Formation schneller und somit weniger behindernd passiert werden können. Nach dem Abbiegen sollte in der Regel dann der Verband schnell wieder in Einerformation (hintereinander) weit6er reiten, um den übrigen Verkehr nicht weiter zu behindern.

Aus diesen unterschiedlichen Situationen und Anforderungen heraus ergibt sich die Notwendigkeit, das korrekte und zügige Umformatieren einer Reitergruppe (von Einerformation zu Zweierformation und zurück) auf vorbestimmtes Zeichen hinreichend zu üben, bevor eine Gruppe in den Straßenverkehr geführt wird. Dies kann auch z.B. auf einem Feldweg zuvor geschehen.

Es kann in einem geschlossenen Verband übrigens auch in Dreierformation (drei Pferde nebeneinander) geritten werden, vorausgesetzt, dass die Fahrbahn hierzu ausreichend breit ist und der Verkehr dadurch nicht behindert wird!


  • [1] OLG Hamm, Az. 27 U 1/94 – aber dagegen verneint im Urteil des LG Trier vom 12.02.2004, Az.: 3 O 156/03!
  • [2] Schurig/Wagner, Kommentar zur StVO, Kirschbaum-Verlag, ISBN 3-7812-1487-7
  • [3] Hentschel 38. Auflage Rn 5 zu § 27
  • [4] vgl. OLG Nürnberg, VersR 1978, 1045
  • [5] div.Gerichtsurteile LG Verden
  • [6] OLG Karlsruhe, Urteil vom 08.11.1990 - Aktenzeichen 1 U 185/90
  • [7] KG Berlin VM 78, 56
  • [8] Riecker, VersR 1982, 1034
  • [9] LG Verden, Urteil vom 02.02.1989, Az. Ns Ds 2 Js 10396/88