Eine gesetzliche Verpflichtung, ähnlich wie für Motorradfahrer, zum Tragen eines Reithelms gibt es in Deutschland für Reiter nicht. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass der Ausbilder oder auch der Reiter selbst im Falle einer Kopfverletzung nicht belangt werden könnten, wenn beim Reiten kein Helm getragen wurde.

Der Ausbilder ist durch vertragliche Übernahme der Aufsicht im Rahmen des Reitunterrichts nach BGB verpflichtet, alle Maßnahmen zu ergreifen, um naheliegende Schäden von seinem Reitschüler fern zu halten. Fahrlässiges Verhalten des Ausbilders, zum Beispiel bei Verzicht auf das Reiten mit Reithelm, führt im Fall einer Kopfverletzung nicht nur zur Schadenersatzpflicht, sondern kann sogar den Straftatbestand einer fahrlässigen Körperverletzung darstellen. Mag eine Haftpflichtversicherung vielleicht noch den entstandenen materiellen Schaden ausgleichen, so hat sich der Ausbilder auch eventuell im folgenden Strafverfahren alleine zu verantworten (Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren!).

Die Verantwortung und Haftung des Ausbilders in Bezug auf das Tragen eines Reithelms kann sich allerdings proportional zur Erfahrung des volljährigen Reiters reduzieren, sollte dieser das Reiten mit Helm strikt ablehnen. Bei Kindern und Jugendlichen, oder aber auch bei weniger erfahrenen Reitschülern ist dies jedoch nicht möglich!

Aber nicht nur der Reitlehrer oder Rittführer steht in der Verantwortung und Haftung, sondern ebenso auch der Einzelreiter, dem ihm im Falle des Reitens ohne Helm und bei einer Kopfverletzung ein Mitverschulden an dieser Verletzung anzulasten ist. So gehen zum Beispiel Krankenkassen mehr und mehr dazu über, bei dieser Art von Verletzungen den Versicherten persönlich in Regress zu nehmen.

Reithelme unterliegen einer genormten Sicherheitsprüfung nach DIN EN 1384.2017 (gültig seit August 2017), durch welche die vorherige Übergangsnormen (VG 1 bzw. EN 1384) abgelöst wurden. Da es sich hierbei um ein Sicherheitsprodukt handelt, ist zwingend auch eine CE-Kennzeichnung erforderlich, durch welche bestätigt wird, dass das Produkt der DIN(EN)-Norm entspricht.

Der heute gültige Sicherheitsstandart nach DIN EN 1384.2017 berücksichtigt die typischen Fall- und Aufschlagarten im Reitsport. Die Helme und werden u.a. auf Seitensteifigkeit (seitliche Belastung von 60kg), Fallgeschwindigkeit aus einer Höhe von 1,80m, Stoßdämpfung, Splitter und Formstabilität, Durchdringungsfestigkeit,  Befestigung- bzw. Verankerung etc. geprüft. 

Selbstverständlich ist diese geprüfte Sicherheit nur bei einem optimal passenden Helm gegeben! Schlecht sitzende Helme bieten diesen Schutz nicht und können sogar gefährlich sein!

Reithelme unterliegen einem ständigen Verschleiß, bzw. einer Materialermüdung, selbst wenn sie nicht benutzt werden! Je nach Material, Qualität und Lagerung gewährleistet ein Reithelm nur in einem Zeitraum von 2 bis max. 5 Jahren den geprüften Schutz und sollte bei der Aufbewahrung nicht längere Zeit der Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden. Auch eventuell verwendete Reinigungs- und Lösungsmittel können erheblich zur Materialermüdung beitragen, ebenso wie das Anbringen von Aufklebern. Auf jeden Fall muss der Helm unbedingt ausgetauscht werden, wenn er zum Beispiel durch einen Sturz einen Schlag erhalten hat, da hierbei kleinste und mit dem Auge nicht erkennbare Haarrisse im Material entstehen können und dadurch die Stabilität nicht mehr gewährleistet ist.

In vielen Reiterhöfen findet man die Angabe, dass für Kinder und Jugendliche auch das Tragen eines Fahrradhelms ausreichend sei. Fahrradhelme unterliegen jedoch ganz anderen Sicherheitskriterien, als die oben beschriebenen, da die typischen und sportartspezifischen Fall- und Aufschlagarten hier völlig anders sind, als im Reitsport! Die geprüfte Fallhöhe ist deutlich geringer, die Wahrscheinlichkeit des Aufschlags auf dem Hinterkopf ist erheblich geringer und ein seitlicher Aufprallschutz ist, falls überhaupt vorhanden, nicht in diesem Ausmaß gegeben. Fazit: Diese Helme bieten keinen, auch nur annähernd mit einem Reithelm vergleichbaren Schutz! 

Verantwortungsvolle Betriebe und Ausbilder legen großen Wert auf die Sicherheit und verfügen daher u.a. immer über eine gewisse Anzahl von Reithelmen, die sie ihren Schülern nötigenfalls ausleihen können. Schon an solchen ‚Nebensächlichkeiten‘ zeichnet sich die Qualität des Unterrichtes bzw. Betriebes ab, denn ‚Safty First‘ ist oberstes Gebot in der Reitausbildung!